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Joanna Rajkowska
THE UHYST REFUGEE ASYLUM/
DAS FLÜCHTLINGSHEIM UHYST

Ort: Dannenberghaus Uhyst (ehemaliges Adelspädagogium)

Liebe Bewohner von Uhyst und liebe Mitglieder des Heimatvereins,

für unser Kunstprojekt ÜBER TAGE_08 haben wir dieses Jahr Joanna Rajkowska eingeladen, eine international anerkannte Künstlerin aus Polen. Sie ist uns auch deshalb aufgefallen, weil sie 2002 eine riesige Palme auf eine Hauptkreuzung Warschaus gestellt, auf die Jerusalem Allee - der Kunstbaum steht bis heute und bietet einen herrlichen Anblick. Er hat aber auch schon heftige Debatten ausgelöst. Soetwas liegt ja oft in der Natur von Kunst, die sich aus dem Museum und den Galerien hinaus in Offene wagt.

Letztes Jahr hat Joanna Rajkowska in einem Wohnviertel, das an das ehemalige jüdische Ghetto von Warschau grenzt, einen kleinen künstlichen Teich mit Sauerstofffontänen und bunten Sitzgelegenheiten angelegt. Dort erholten sich einen Sommer lang Menschen unterschiedlichster Herkunft. Allerdings war das nicht nur ein Sommerspaß, sondern es passierte auch, dass diese ganz verschiedenen Leute miteinander ins Gespräch kamen und auch, dass sie ihr Viertel und dessen Möglichkeiten und Schönheiten neu entdeckten.

Um solche Entdeckungen im Alltäglichen geht es der Künstlerin also - es sind nicht immer angenehme Aspekte, die da zum Vorschein kommen, aber auf alle Fälle gibt es Überraschungen. Ähnlich hat sich Joanna Rajkowska auch Uhyst genähert. Und weil das Problem der leerstehenden und doch sehr interessanten Gebäude (Schloss, Schleifmühle) jedem auffallen, hat sie sich auf das Dannenberghaus konzentriert, das ja leider bislang ein trauriges Dasein fristet. Dabei wurde es doch 1747 als Adelspädagogium, als Lehranstalt der Herrnhuter Brüdergemeine errichtet. In den folgenden Jahren haben dort etwa 70 junge Adelige, besonders aus Litauen und dem Baltikum stammend, eine - für damalige Verhältnisse fortschrittliche- Erziehung erhalten. Unter ihnen auch der junge Fürst Hermann Pückler, der hier übrigens sein erstes Gartenbeet anlegte. Mit den Herrnhutern und ihren Bildungsidealen kam schon damals eine gewisse Internationalität in die Region. Nach einer wechselvollen Geschichte wurde das Gebäude zu DDR-Zeiten als Wohnhaus umgenutzt. Durch die Umbauten kann man heute leider kaum noch die Aufteilung der ursprünglichen Innenräume erkennen. Seit einiger Zeit ist das Baudenkmal nun völlig geräumt.

Joanna Rajkowska ging für ihr Kunstprojekt von der Idee aus, dass das Haus künftig wieder belebt werden sollte. Doch was für eine Nutzung könnte es geben? Wie wird sich die Zukunft der Region gestalten? Findet eine solche Zukunft völlig abgekoppelt von den Entwicklungen in Europa und auf der Welt statt? Auch die Lausitz ist von globalen Bewegungen betroffen, nicht zuletzt, weil sie eine Grenzregion ist. Die Künstlerin hat sich auf zwei Themen konzentriert: Einmal auf die Hoffnung, dem Gebäude wieder einmal eine größere Aufmerksamkeit zu geben und darauf, mit künstlerischen Mitteln eine Funktion herbeizuphantasieren. Andererseits überlegte sie, wie diese in zwanzig oder dreißig Jahren angesichts der weltpolitischen und gesellschaftlichen Umstände wohl aussehen könnte.

Während hier in der Gegend scheinbar Raum und Fläche ohne Ende zur Verfügung stehen und wir angestrengt überlegen, wie man dieses Angebot sinnvoll füllen könnte, drängen sich anderswo die Menschen unter elenden Lebensbedingungen und sehnen sich danach, in Gebiete mit besseren Lebensbedingungen auszuwandern. Die Vergrößerung und gleichzeitige Abschottung der Europäischen Union durch das Abkommen von Schengen spielt hier eine große Rolle: Festung Europa! Auf der einen Seite steht unser relativer Wohlstand, auf der anderen die Flüchtlingsbewegungen - die in den nächsten Jahren laut demografischer Prognosen zunehmen. Was geschieht mit all den Menschen aus den Ländern der dritten Welt, die es in den Westen zieht, wie werden sie untergebracht? Werden es nur die großen Städte sein, die Flüchtlingslager einrichten oder werden auch kleine, grenznahe Gemeinden solche -eher unwillkommenen- Fremden unterbringen?

In diesem Sinne etikettiert Joanna das Gebäude. Dabei entnahm sie die Schrifttype im alten Stil den originalen Schriftquellen über das Adelspädagoium. An den Fenstern -den einzelnen Räumen im Inneren zugeordnet- tauchen die Namen von fernen Ländern in dieser alten Schrift auf. Ein ungewohntes Bild, zumal es sich um exotische Länder handelt: Sudan, Afghanistan, Albanien, Iran usw. Das wirkt, als bewohnten diese Nationalitäten nun das Haus. Über der rückwärtigen Eingangstür weist ein Schild die neue, vorgestellte Funktion des Gebäudes aus, in Deutsch und Englisch: Das Uhyster Flüchtlingsheim/ The Uhyst Refugee Asylum. Diese zeitweilige Maßnahme wird sicherlich Diskussionen und Irritationen auslösen. Das ist beabsichtigt, denn auf alle Fälle wird das Dannenberghaus durch den künstlerischen Eingriff eine neue Sichtbarkeit bekommen; Menschen, die es lange nicht wirklich bemerkten, machen sich darüber wieder Gedanken. Vielleicht werden sie auch die Idee des neuen Interessenvereins und einer nötigen Revitalisierung unterstützen.Schließlich handelt es sich um ein Kultur- und Baudenkmal mit überregionaler Bedeutung. Darüber sind wir uns ja einig, wenn wir auch nicht wissen, was die Zukunft bringt.

Sehr gerne kommen wir mit Ihnen über das Kunstprojekt ins Gespräch!

mit freundlichen Grüßen,

Susanne Altmann (Kuratorin ÜBER TAGE) & Reinhardt v. Bergen-Wedemeyer (Produzent)


B i o g r a p h i e

1968 geboren in Bydgoszcz, Polen

lebt und arbeitet in Warschau

1987 - 1993 Studium der Malerei an der Kunstakademie & Kunstgeschichte
an der Jagiellonen Universität in Krakau

1994 - 1995 Studio Semester Program, State University of New York

Projekte im öffentlichen Raum
2008 Camping Jenin, Workshop, Freedom Theatre,
Jenin (besetzte Territorien Palästina)

The Airways, Trafo Gallery, Budapest

2007 A Walk, Workshop mit der Zeitschrift

Krytyka Polityczna, Warschau

Oxygenator, Grzybowski Platz, Warschau

2006 Umea Volcano, Verkligheten Gallery, Umea/ Schweden

2005 Exit. Waiting for 624 Museum Staff, Nationalmuseum, Krakau

2004 Only Love, Warschau

Cruising Around War Island, Continental Breakfast,
45th October Salon, Belgrade Cultural Center/Serbien

2003 Twenty Two Tasks, Mullerdechiara Gallery, Berlin

2002 Greetings from Jerusalem Avenue, Warschau

2001 The Diary of Dreams, XX1 Gallery, Warschau

www.rajkowska.com

 

     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
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